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31. August 2023

Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim: Strenge Voraussetzungen beachten


Immobilien können bei der Vermögensnachfolge steuerlich stark ins Gewicht fallen. Für das Familienheim, das oftmals einen relevanten Wert darstellt, bestehen unter bestimmten Bedingungen steuerliche Erleichterungen. Das muss genau geplant werden, da die Grenzen sehr eng gefasst sind.



Jährlich werden in Deutschland etwa 400 Milliarden Euro vererbt, fast die Hälfte davon in Form von Immobilien. Durch die rasanten Preisanstiege der vergangenen Jahre haben sich die Werte maßgeblich erhöht. Zusammen mit den Grundstückswerten (5,1 Billionen Euro) summiert sich das gesamte deutsche Immobilienvermögen auf knapp 14,7 Billionen Euro, meldet der ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. Bei der Vermögensnachfolge können diese hohen Werte in spürbaren erbschaft- beziehungsweise schenkungsteuerlichen Bemessungsgrundlagen resultieren. Der derzeitige leichte Preisrückgang bei Immobilien schlägt dabei kaum ins Gewicht, zumal auf Immobilienerben im Jahr 2023 höhere Erbschafts- und Schenkungssteuern von 30 bis 40 Prozent zukommen können. Das liegt daran, dass die Regeln für die Immobilienbewertung auf das aktuelle Preisniveau angehoben wurden.

Entscheidend ist daher, sich frühzeitig mit der Vermögensnachfolge auseinanderzusetzen. Dafür eignet sich vor allem die Ausnutzung der steuerlichen Freibeträge. Der Ehegatte kann 500.000 Euro steuerfrei erhalten, Kinder 400.000 Euro, Enkelkinder 200.000 Euro, Eltern und Großeltern 100.000 Euro. Alle übrigen Erben der Erbschaftsteuerklasse 2 und 3 kommen in den Genuss eines Freibetrags von 20.000 Euro. Diese Summen können alle zehn Jahre genutzt werden. Damit werden interessante Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Derzeit wird diskutiert, ob die Freibeträge erhöht werden, aber das ist Zukunftsmusik.

Selbstgenutztes Familienheim kann erbschaftsteuerfrei bleiben
Die Erbschaftsteuer wird nach der Erbschaftsklasse berechnet. Ehegatte und Kinder als die typischen Erben fallen unter die Erbschaftsklasse 1 und zahlen damit zwischen sieben und 30 Prozent Steuer auf den Erwerb, je nach Größenordnung. Bei einer Erbschaft zwischen 600.000 und sechs Millionen Euro beispielsweise werden 15 Prozent Steuer fällig. Nehmen wir an, eine Immobilie ist 1,2 Millionen Euro wert und wird an ein Einzelkind vererbt. Abzüglich des Freibetrags verbleibt ein zu versteuernder Erwerb von 800.000 Euro, woraus eine Steuerlast von knapp 230.000 Euro resultiert. Diese müssen dann irgendwie gezahlt werden, was natürlich auch im Verkauf der Immobilie resultieren kann.

Eine Besonderheit ist die Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim bei Aufgabe der Selbstnutzung. Denn das selbstgenutzte Familienheim kann erbschaftsteuerfrei bleiben, wenn der Erbe es dauerhaft selbst bewohnt, aber mindestens zehn Jahre lang. Wird die Selbstnutzung des Familienheims vor Ablauf dieses Zeitraums aufgegeben, kann die Steuerbefreiung rückwirkend wegfallen. Wichtig: Auch der Verkauf der Immobilie aus finanziellen Gründen oder die Veräußerung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens innerhalb von zehn Jahren führt zu einer Nachversteuerung. Ebenso kann das Verschenken innerhalb der Familie einen Nachversteuerungstatbestand auslösen.

Gesundheitliche Beeinträchtigungen können einen zwingenden Grund darstellen
Eine Ausnahme besteht allerdings, wenn der Erbe aus zwingenden Gründen (zum Beispiel bei einer Pflegebedürftigkeit) an der weiteren Selbstnutzung gehindert ist. Der Bundesfinanzhof hat jetzt entschieden, dass der Begriff „zwingend“ nicht nur den Fall der Unmöglichkeit, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung umfasst. Gesundheitliche Beeinträchtigungen können danach einen zwingenden Grund darstellen, wenn sie dem Erwerber eine selbstständige Haushaltsführung im Familienheim unmöglich machen. Im Streitfall hatte die Tochter das von ihrem Vater geerbte Einfamilienhaus zunächst selbst bewohnt, war aber bereits nach sieben Jahren ausgezogen, weil sie ohne fremde Hilfe dort nicht mehr leben konnte. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass zwingende Gründe auch dann vorliegen können, wenn die Selbstnutzung unzumutbar geworden ist.

In einem weiteren Urteil zu dieser Problematik hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass auch im Fall einer depressiven Erkrankung eine steuerunschädliche Unzumutbarkeit vorliegen kann. Im Urteilsfall zog die Ehefrau auf ärztlichen Rat aus der von ihrem Mann geerbten Wohnung aus, weil durch den Verbleib im ehemals gemeinsam bewohnten Haus eine zunehmende Verschlechterung ihres Gesundheitszustands eingetreten wäre. Das Gericht weist darauf hin, dass das Vorliegen einer entsprechenden Erkrankung gegebenenfalls mit Hilfe ärztlicher Begutachtung geprüft und festgestellt werden muss.

Urteil des BFH bestätigt Nachversteuerungstatbestand
Einen Einblick in die strenge Praxis gibt ein vor dem Bundesfinanzhof im Sommer 2019 verhandelter Fall, in dem eine Erbin von ihrem verstorbenen Ehemann den Miteigentumsanteil am Familienheim erhalten hatte. Dieses bisher gemeinsam genutzte Haus bewohnte sie nach dem Tod ihres Partners allein, sodass darauf keine Erbschaftsteuer fällig wurde. Laut dem Fachinformationsdienst „Haufe“ habe die Erbin rund anderthalb Jahre später entschieden, das Eigenheim unentgeltlich und unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchs auf ihre Tochter zu übertragen. Daraufhin habe das zuständige Finanzamt die Erbschaftsteuer-Festsetzung geändert und die Steuerbefreiung zurückgenommen. Auch das Finanzgericht Münster habe im Anschluss die Eigentumsübertragung als steuerschädlich gewertet und die Klage der Frau abgewiesen. Der Bundesfinanzhof hat diese Einschätzung vollumfänglich bestätigt. Das Familienheim unterfiel also der üblichen Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer.

Die Steuerberater von Schnitzler & Partner stehen jederzeit zur Verfügung, um die Übertragung von fremdgenutzten Immobilien und Familienheimen richtig zu gestalten!




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