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30. Juni 2025

Buchhaltungsunterlagen, Aufbewahrungsfristen und Rückstellungen: Was Unternehmen jetzt wissen müssen


Die gesetzlichen Vorgaben zur Aufbewahrung von Buchhaltungsunterlagen sind mehr als bloße Ordnungspflicht. Sie betreffen IT, Organisation, Bilanzierung und Risikomanagement gleichermaßen. Wer hier nur Fristen zählt, übersieht die strategische Bedeutung einer vorausschauenden Archivierung – und verschenkt Potenzial zur rechtlichen und wirtschaftlichen Absicherung.



Die ordnungsgemäße Aufbewahrung von Buchhaltungsunterlagen ist ein zentrales Thema in der betrieblichen Praxis. Sie bildet nicht nur die Grundlage für eine rechtssichere Dokumentation von Geschäftsprozessen, sondern hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die steuerliche Nachvollziehbarkeit und das unternehmerische Risikomanagement. Die gesetzlichen Anforderungen hierzu sind in § 147 der Abgabenordnung (AO) geregelt und gelten für nahezu alle Unternehmen, unabhängig von ihrer Rechtsform oder Größe. Im Zentrum stehen dabei sowohl inhaltliche als auch formale Aspekte: Welche Unterlagen sind wie lange aufzubewahren? Welche Formate sind zulässig? Und was passiert nach Ablauf der Fristen?

Die Aufbewahrungsfristen sind gestaffelt und betreffen unterschiedliche Dokumentengruppen. Für besonders strukturprägende Unterlagen wie Handelsbücher, Eröffnungsbilanzen oder Jahresabschlüsse gilt eine zehnjährige Frist. Diese beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die letzte maßgebliche Eintragung oder Aufstellung vorgenommen wurde. Entsprechend dürfen im Jahr 2025 alle betroffenen Unterlagen vernichtet werden, deren letzte Eintragung oder Erstellung aus dem Jahr 2014 oder früher stammt. Diese Regelung umfasst auch zugehörige Dokumente, die zum Verständnis dieser Buchführungswerke erforderlich sind. Daneben existieren verkürzte Fristen, etwa für bestimmte Buchungsbelege oder Lohnunterlagen, die je nach Dokumenttyp nur acht oder sechs Jahre aufzubewahren sind. Diese Verkürzungen wurden im Zuge gesetzlicher Anpassungen eingeführt, um insbesondere die buchhalterische Belastung mittelständischer Betriebe zu reduzieren, ohne die steuerliche Kontrollierbarkeit zu gefährden.

Lückenlose Dokumentation des Verfahrens notwendig
In der Praxis stellt sich dabei regelmäßig die Frage, wie mit digitalen Formaten umzugehen ist und welche Anforderungen sich aus der zunehmenden Digitalisierung der Buchführung ergeben. Grundsätzlich gilt, dass alle steuerlich relevanten Unterlagen in dem Format aufzubewahren sind, in dem sie empfangen oder erstellt wurden. Eingehende elektronische Rechnungen, Geschäftskorrespondenzen und weitere wichtige Dokumente müssen daher in ihrem Ursprungsformat – etwa als PDF oder TIF – aufbewahrt werden. Ein Konvertieren oder Komprimieren ist unzulässig, wenn dadurch die Unveränderbarkeit oder maschinelle Lesbarkeit beeinträchtigt wird. Für digitalisierte Papierdokumente, etwa gescannte Rechnungen, ist zudem eine lückenlose Dokumentation des Verfahrens notwendig, um die Übereinstimmung mit dem Original sowie die Vollständigkeit und Lesbarkeit sicherzustellen. Ohne ein solches Verfahrensprotokoll verliert das digitale Dokument im Zweifel seine steuerliche Beweiskraft.

Die Verpflichtung zur Aufbewahrung endet auch nicht automatisch mit dem Ablauf der jeweiligen Fristen. Steuerrechtlich ist zusätzlich sicherzustellen, dass keine offenen Verfahren oder anhängigen Prüfungen die Vernichtung ausschließen. Nach den §§ 169 und 170 AO darf die Löschung oder Entsorgung von Unterlagen nicht erfolgen, solange für die jeweilige Steuer noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist. Das bedeutet konkret: Auch wenn eine Aufbewahrungsfrist formal abgelaufen ist, kann ein laufendes oder erwartetes Verfahren dazu führen, dass die Unterlagen weiterhin aufzubewahren sind. Darüber hinaus sollten Unternehmen aus Gründen der Rechtssicherheit prüfen, ob bestimmte Unterlagen freiwillig über die gesetzliche Mindestdauer hinaus archiviert werden sollten – etwa zur Absicherung bei möglichen Rechtsmitteln oder im Hinblick auf wiederkehrende Betriebsprüfungen.

Bildung einer solchen Rückstellung
Ein oft übersehener Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Frage der bilanziellen Behandlung der zukünftigen Kosten, die mit der gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrung einhergehen. Insbesondere bei größeren Unternehmen, die über viele Jahre hinweg umfangreiche Dokumentenmengen digital wie analog archivieren müssen, stellt die Lagerung, Pflege und digitale Sicherung dieser Unterlagen eine nicht zu unterschätzende finanzielle Belastung dar. Nach handelsrechtlichen Grundsätzen kann für diese Verpflichtungen im Rahmen des Jahresabschlusses eine Rückstellung gebildet werden, sofern die Kosten hinreichend konkretisierbar und der Aufwand wahrscheinlich ist. Das betrifft vor allem externe Archivierungsdienstleister, langfristige Speicherkapazitäten oder spezialisierte Softwarelösungen für die revisionssichere Archivierung. Die Bildung einer solchen Rückstellung trägt dazu bei, die wirtschaftliche Realität des Unternehmens sachgerecht abzubilden und zukünftige Belastungen nicht aus dem Blick zu verlieren.

Für Unternehmen ist es daher essenziell, ihre Aufbewahrungspraxis nicht nur als steuerliche Pflichterfüllung zu verstehen, sondern auch als Teil eines umfassenden Compliance- und Risikomanagementsystems. Wer hier vorausschauend handelt, kann nicht nur unnötige Kosten und Risiken vermeiden, sondern auch Freiräume in der IT-Infrastruktur schaffen, personelle Ressourcen gezielt einsetzen und die betriebliche Transparenz erhöhen. Die korrekte Vernichtung alter Unterlagen, die Etablierung digitaler Archivierungsprozesse und die sachgerechte Bilanzierung künftiger Aufwendungen bilden dabei ein Zusammenspiel, das sowohl juristische als auch wirtschaftliche Relevanz besitzt. Unternehmen, die diese Zusammenhänge verstehen und in ihre Abläufe integrieren, sichern sich nicht nur steuerlich ab, sondern schaffen sich auch organisatorische und finanzielle Stabilität.

Die Steuerberater von Schnitzler & Partner beraten Sie umfassend bei der Erfüllung dieser gesetzlichen Aufbewahrungspflichten.




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